Für die Brennweite gibt es zahlreiche Beschreibungen. Formeln, die einem das Interesse an diesem Fachbegriff richtig schön madig machen können. Deshalb vereinfachen wir das jetzt mal sehr stark: Wir alle haben früher schonmal ein Blatt Papier (ich schreibe bewußt nicht Ameisen) mit einer Lupe in Brand gesetzt. Der Abstand zwischen Lupe und Papier, in dem der Punkt am kleinsten war – als es zu qualmen begonnen hat – ist die Brennweite. Irgendwie logisch, weil’s bei der Weite eben brennt.
Zurück zur Fotografie, bleiben die optischen Gesetze die selben: Würde ein Objektiv nur aus einer Linse bestehen, so beträgt die Brennweite den Abstand zwischen der Mitte dieser Linse und dem Sensor/Film. Aber an der Stelle wird’s kompliziert, weil Objektive nicht so einfach gebaut sind. Aus diesem Grund will ich den Begriff Brennweite jetzt erstmal etwas zurückstellen.
Die Faszination eines Fotos macht nicht unwesentlich die Perspektive des Fotografen aus – der Fotograf wählt den Ausschnitt, den der Betrachter nachher sieht. Jeder Betrachter wird in dem Bild etwas anderes sehen, aber eine Grenze gibt der Fotograf fest vor: Was ausserhalb des Bildes ist, kann der Betrachter vielleicht noch erahnen, aber nicht sehen. Stellt sich nun die Frage: Wie viel kann und will man denn präsentieren?
Das menschliche Gesichtsfeld beträgt horizontal ca. 180° , vertikal ca. 130°. Darüberhinaus kann man auch noch den Kopf bewegen. Und das sollten wir jetzt fürs Erste als Maßstab sehen. Denn das ist es, was der Fotograf sieht. Stellt sich nun die Frage, was er seine Kamera und somit den Betrachter sehen lässt… hierfür muss er zwischen folgenden Objektiven wählen:
Weitwinkelobjektive
Weiter Winkel, normalerweise deutlich enger als das menschliche Gesichtsfeld, aber da passt richtig was drauf.
Normalbrennweite
Auf diesen Winkel kann sich das menschliche Auge normalerweise konzentrieren. In diesem Blickfeld können wir scharf genug sehen, um z.B. zu lesen.
Teleobjektive
Der Ausschnitt wird immer enger. Dadurch wird die Perspektive immer stärker komprimiert. Das Motiv wird gefühlt „herangeholt“.
Aha, schön, und was hat das jetzt mit der Brennweite zu tun? Und welche Brennweite brauche ich für welches Foto?
Die Brennweite und die Größe des Sensors bestimmen zusammen den Blickwinkel für das Foto. Als Richtwert wird oft auf die Brennweite am Kleinbildfilm/35mm-Vollformatsensor Bezug genommen.
Aber das ist alles relativ. Bei APS-C-Kameras ist der Sensor kleiner, bei Mittelformatkameras ist der Sensor größer. Deshalb ordnet man Objektive nach ihrer Brennweite normalerweise so ein:
Objektiv | 35mm Kleinbild Vollformat |
APS-C „Crop-Faktor“ 1,5x-1,6x |
Mittelformat 6,0 x 4,5 cm |
---|---|---|---|
Ultra-Weitwinkel | < 14mm | < 9mm | < 28mm |
Super-Weitwinkel | < 20mm | < 14mm | < 35mm |
Weitwinkel | < 40mm | < 28mm | < 65mm |
Normalbrennweite | 50mm | 35mm | 80mm |
Leichtes Tele | < 120mm | < 80mm | < 200mm |
Mittleres Tele | < 300mm | < 200mm | < 400mm |
Super-Tele | > 400mm | > 300mm | > 600mm |
Schöne Tabelle, aber welche Brennweite brauche ich jetzt für… STOP! Das ist der falsche Ansatz. Die höchsten Gebäude wurden schon mit Superteleobjektiv abgelichtet, Ameisen schon mit Weitwinkelobjektiven fotografiert.
Was soll ich mit Brennweiten anfangen, kann ich nicht einfach zoomen?
Zoomobjektive sind Objektive mit veränderlicher Brennweite, und nichts weiter. Sie können sich in verschiedenen Brennweitenbereichen bewegen. Ein 3x Zoom kann ca. 70-210mm, 28-85mm oder 10-30mm Brennweite haben. 3x Zoom ist übrigens ein gutes Stichwort: Zooms, die einen höheren Faktor aufweisen, sind kompliziert zu bauen und heben oft nicht nur das Motiv, sondern auch optische Fehler hervor. Besonders sogenannte Superzooms mit Faktor 10x und mehr sind Kompromisslösungen… und oft recht schlechte obendrein.
Ein Weitwinkel streckt die Perspektive, ein Tele komprimiert sie. Zuerst sollte man sich zu seinem Motiv Gedanken machen und sehen, was man mit der vorhandenen Ausrüstung rausholen kann; danach kann man sich genauer vorstellen, ob und wie weit der Objektivpark nach unten oder nach oben erweitert werden muss. Ein Objektiv, das sich zwischen moderatem Weitwinkel und leichtem Tele bewegt (z.B. 47-70mm bei 35mm bzw. 18-55mm bei APS-C) ist hierfür kein schlechter Start.