Mitreissende Angelegenheit: Es gibt tausend Wege, um ein Auto zu fotografieren. Will man die Dynamik unterstreichen, so eignet sich aber kaum ein Stilmittel besser als der Mitzieher. Was bei dem einen oder anderen nach den ersten Versuchen Frust aufkommen lässt, kann mit etwas Übung zu erstaunlichen Ergebnissen führen. Hier eine kleine Anleitung…
Eins gleich vorweg: DIE ultimative Methode zum Mitziehen gibt es nicht. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass keine zwei Fotografen den absolut identischen Stil haben. Die beste Methode ist also immer diejenige, mit der man selbst die besten Ergebnisse erzielt.
Zusammengefasst könnte man sagen: Mitzieher entstehen in der Fotografie immer dort wo lange Verschlusszeiten und nachgeführte Bewegung aufeinandertreffen.
Mitzieher sind ein Gestaltungsmittel um Dynamik zu vermittel und finden deshalb in der Automobilwerbung häufige Verwendung.
Wenn man weiss wie es geht, sich damit auseinandersetzt und ein bisschen übt, ist es eigentlich gar nicht so schwer wie es aussieht. Im Grunde muss man eine zur Bewegungsgeschwindigkeit verhältnismässig lange Verschlusszeit erzielen. Hier empfiehlt sich die Blendenautomatik, bei der eine Verschlusszeit fest vorgegeben wird und die Kamera die erforderliche Blende automatisch berechnet. Wenn man die Blende jedoch zu weit schliesst entsteht die sogenannte Beugungsunschärfe und Unschärfe kann man bei einem mitgezogenen Bild nicht brauchen, die kommt durch die Bewegung so oder so. Ich stelle mal wieder ein Beispielbild ein:
Hier könnte beim besten Willen nicht mehr der Eindruck entstehen, dass das Auto auf einem Fleck verweilt! An der Stelle, an der ich das Foto aufgenommen hatte, fuhren die Autos etwa 80 km/h schnell… 1/50 Sekunde stellte meiner Meinung nach den besten Kompromiss dar – das Fahrzeug sollte dynamisch wirken und trotzdem nicht verwackelt sein. Für den Anfang kann man es auch mit 1/80 oder 1/60 Sek versuchen (deutlich geringere Ausschussrate) Dreibeinstative kann man bei Mitziehern oft vergessen und freihand sind solche Zeiten fast nicht mehr zu halten (manche schaffen es vielleicht aber die Ausschussquote steigt) die beste Lösung ist meistens ein Einbeinstativ, alternativ lässt sich auch ein Dreibeinstativ mit einem guten Kugelkopf (und nur mit einem guten Kugelkopf, idealerweise mit weichem Lauf und Friktion wie FLM, Linhof oder RRS) verwenden.Für das Bild habe ich ein Objektiv verwendet, das bei Blendenwerten in der Nähe von 5.6 seine besten Abbildungsleistungen erzielt. Um etwa auf diese Blende zu kommen wurden ein Polfilter (verstärkt die Kontraste und kostet etwa 1,5 Blendenstufen) und ein Graufilter (2 Blendenstufen) vor die Optik geschraubt. Die Iso-Zahl wird natürlich auf den niedrigsten Wert heruntergesetzt (in diesem Fall Iso100). Man sollte sich so postieren, dass die Entfernung des Autos nicht zu stark variiert, sonst macht einem der Autofokus schnell mal einen Strich durch die Rechnung. Eben dieser Autofokus sollte auf „Nachführung“ gestellt sein. Wenn man vom Dreibeinstativ arbeitet, ist manuelles Vorfokussieren eine gute Alternative, falls sich der Abstand zum Motiv während der Belichtung nicht oder kaum verändert.
Bevor man nun wild draufhält sollte man testweise mit einem Orientierungspunkt die Strecke „abfahren“. Mit den Fokusfeldern kann man sich an der Strassenmarkierung orientieren. Solche Trockenübungen wirken sich deutlicher auf das Ergebnis aus als man glauben mag. Dann sollte man sich einen Auslösepunkt setzen und ihn fest im Hinterkopf behalten. Er sollte möglichst so gewählt sein dass keine störenden Hindernisse wie z.B. Stromleitungen im Bild sind. An diesem Punkt soll sich nachher das Heck des Fahrzeuges befinden. Strassenpfosten und helle Pflanzen hingegen sollten auf dem Bild sein, da sie die Dynamik des Mitziehers verstärken… nur sollten sie nicht im Weg sein, also nicht vom Hauptmotiv ablenken.
Kommt nun das Objekt der Begierde, so sollte man es schon mit der Kamera „verfolgen“ bevor es in den gewünschen Bildausschnitt gelangt. Man kann sich so der Linie und der Geschwindigkeit des Fahrzeugs anpassen.
Dann heisst es: abdrücken, kurz nachdem das Fahrzeug den ausgewählten Punkt mit der Motorhaube passiert hat also kurz bevor der Fahrer an diesem Punkt eintrifft. Das Schwierigste ist nun, bei der Auslösung die Kamera nicht zu verziehen und die Bewegung zu halten. Wenn man den Bogen einmal raus hat wird etwa jede zehnte Aufnahme gut, später kann die Quote auch noch verbessert werden… wobei jeder seine eigene Auslegung des Begriffes „gut“ hat.
Nur nach den ersten misslungenen Versuchen nicht frustrieren lassen, das wird schon!
Wenn man mal etwas Übung hat, kann man die Belichtungszeiten verlängern oder wie im oberen Bild gezeigt, diagonal mitziehen (verleiht dem Bild noch etwas mehr Dynamik, ist aber erheblich schwieriger da man auf zwei Achsen ruhig mitführen muss)
Aus Diskretionsgründen hab ich noch das Gesicht des Fahres abgedunkelt und das Nummernschild weggestempelt (man konnte sogar noch den Ablauf der Tüv-Plakette erkennen), nicht dass der Gute vielleicht auf dem Weg zur Freundin war und ich am Ende noch schuld bin wenns rauskommt 😉
Wenn man sich etwas Zeit nimmt, verbessern sich die Ergebnisse recht schnell. Ruhig mal mit Stativ (ob Ein- oder Dreibein), freihand; stehend, kniend oder liegend versuchen. Mit Bildstabilisator, ohne Bildstabilisator; manueller oder Autofokus. Wie eingangs erwähnt: jeder entwickelt seinen eigenen Stil und man muss kein professioneller Motorsportfotograf sein, um hier und da mal einen gelungenen Mitzieher zu machen. Ich will euch hier keinen Stempel aufdrücken, sondern euch nur mal ermutigen, es zu versuchen – mit etwas Übung ist es leichter, als man das vor bzw. nach dem ersten Versuch glauben mag.